Stadt. Land. Shopping. – Hier lebe ich. Hier kaufe ich ein.

Bei so einer Erkältung (Ich berichtete.) muss man manchmal zwangsläufig aus dem Haus. In meinem Fall verschlug es mich in die Apotheke und zur Post. Wie ihr vielleicht schon aus meinen Beiträgen herausgelesen habt wohne ich zwar in einer Großstadt, aber im ländlichen Teil. (Ernsthaft! Hier fahren nicht mal Straßenbahnen! ;)) Und genau dabei wurde mir der Unterschied zwischen dem Handel in der (Innen)Stadt und der ländlichen Gegend bewusst:

Apotheke1APOTHEKE

Der erste Weg führte mich in die Apotheke. Normalerweise bestelle ich Medikamente die nicht Rezeptpflichtig sind im Internet. Ein eindeutiger Preisvorteil! Die Standortapotheken haben einen höheren Preis den sie damit rechtfertigen Beratung anzubieten. Die Tatsache sieht leider anders aus: Schon beim Betreten des großen Verkaufsraumes verharren entweder vier mürrig dreinschauende Angestellte hinter ihren Tresen oder aber es ist weit und breit keiner zu sehen. („Kunde! Versteckt euch!“) Hat man Glück und einer der Weißkittel opfert sich, grüßt man wie als Kind gelernt und erntet dafür eine grummelige Erwiderung. Schon etwas mieser gelaunt gibt der Kunde seine Bestellung auf: „Einmal XY Nasenspray bitte.“ „Erwachsene oder Kinder?“ „Erwachsene, ist für mich.“ „Macht 2,85 €. Tüte?“ Tja und das war’s eigentlich auch meist schon. Kein Hinweis auf Alternativprodukte, kein Hinweis zur Anwendung, kein Hinweis auf die bekannte Suchtgefahr, keine Genesungswünsche, … von Freundlichkeit mal ganz abgesehen. Aber wie gesagt, ich wohne ja im ländlichen Teil. Hier sah das Ganze so aus:

Ländliche Apotheke

Ich betrete den überschaubaren, aber freundlich eingerichteten Verkaufsraum. Drei Weißkittel strahlen mich hinter dem Tresen an. Zwei davon sind bereits im Verkaufsgespräch. Da die Dritte dabei ist etwasApotheke2 einzutippen bleibe ich mit etwas Abstand stehen und warte. Sie bittet mich zu ihr zu kommen und ich stelle klar: „Sie sahen so beschäftigt aus.“ Die Dame lächelt mich an und gibt mir zu verstehen dass sie damit später fortfahren könnte. Ich sage ihr also dass ich gerne das XY Nasenspray hätte. Auch hier die Frage ob für Erwachsene oder Kinder. Auch hier antworte ich „Für Erwachsene. Ist für mich.“ Doch nun beginnt ein Dialog. Die Fachverkäuferin erzählt mir dass sie auch fast immer das für Kinder nimmt, da es die Schleimhäute nicht so sehr reizt. Auch wie ich es richtig anwenden muss, damit es bei mir die bestmögliche Wirkung erzielt und auch auf die maximale Anwendungszeit weißt sie mich hin. Und der Preis? Nach dem habe ich sogar gefragt, weil sie nicht gleich an mein Portmonee wollte. Gezahlt habe ich hier auch „nur“ 2,40 €. Dazu gab es Genesungswünsche, ein nettes Gespräch und Aufklärung. – Und was soll ich sagen: Das Spray wirkt sehr gut. Meine Nase dankt’s!

POST

Auch in Zeiten von elektronischen Kommunikationsmitteln musste meine AU irgendwie von A nach B gelangen. Klar, zuerst schickte ich einen Scan per elektronischer Brieftaube. Doch für das Original musste Post1die Schneckenpost herhalten. In der Stadt sieht das ganze so aus:

Ich betrete ein riesiges eckiges Gebäude wo mir von allen Seiten riesige Plakate und Aufsteller alles Mögliche anpreisen, was ich unbedingt (nicht) brauche. Die Menschenmassen stehen, mehr oder weniger brav, in einer langen Schlange. Der jeweils Erste geht zum freien Schalter. Von hinten kommen immer neue Kunden dazu, so dass es aussieht als würde sich eine Raupe vorwärtsschlängeln. Endlich ist mein Glied an der Reihe. Ich trete an den Schalter. Der Mann dahinter verschwindet erst einmal. Irgendwas weg bringen. (Scheinbar dürfen die das nicht erst sammeln, sondern müssen jeden Brief einzeln nach hinten bringen.) Begrüßt werde ich hier gar nicht. Verabschiedet auch nicht. Die Kommunikation beschränkt sich auf das Wesentliche. Sie gleicht eher einem Monolog meinerseits. „Diesen per Einwurfeinschreiben bitte“. Der Mann tippt etwas ein, die Maschine rattert, er klebt das Label halbherzig auf den Umschlag, nennt mir den zu zahlenden Betrag, reicht mir den Belegt und starrt grimmig in die wartende Menge.

Ländliche Post

Wie wohl nicht anders zu erwarten sah das Ganze hier, im ländlichen Teil, ganz anderes aus. Schon das Gebäude ist anders, denn es ist irgendwie so etwas wie eine Zweigstelle. In diesem Fall wird sie in dem Shop eines großen Versandhandels geführt. Die Betreiberin ist älter, aber rüstig. Immer bei ihr im Laden ist auch der Hund. Auf die Mittagspause wird hier auch noch geachtet. So schließt die Türe nicht etwa umPost2 Punkt 12:00 Uhr, sondern bereits um 11:55 Uhr. (Kein Witz.) Der kleine Laden wirkt mit seiner Unaufgeräumtheit ein wenig wie einer dieser alten Tante Emmaläden, die man aus alten Filmen kennt. Irgendwie fühle ich mich auch jedes Mal in die Vergangenheit versetzt, denn wenn ich durch die Türe (Altmodisch, keine Automatik) trete ist es ein wenig wie eine Zeitreise. Nur eine weitere Kundin steht vor mir, verwickelt in den Smalltalk mit der Dame hinter dem Tresen. Sie lachen, drehen sich um als ich herein komme, lachen weiter – und verwickeln mich, wie selbstverständlich, in ihr Gespräch. Die Kundin hat einen Stapel Kündigungen fertig gemacht. Ich erfahre das sie es immer so macht: Vor der automatischen Verlängerung alle (Handy-)Verträge kündigen. „Besser ist das.“ sagt sie. „Und man bekommt einen Rückruf, ob man nicht doch noch bleiben möchte. Mit Preisvorteil.“ antworte ich. Ich weiß wie es läuft, war ja selbst mal „auf der anderen Seite“. Würde ich nicht wieder machen. Demnächst schubse ich Lkw. Auch nicht das Wahre. Aber das sage ich nicht. Stattdessen reiche ich meinen Brief über den Tresen: „Per Einwurfeinschreiben bitte.“ Die Verkaufsdame macht ihn nebenbei fertig. Redet mit mir, führt belanglose Gespräche, die aber die Wartezeit ungemein verkürzen. Trotz Erkältung: Als ich hinaus auf die Straße trete, umspielt ein Lächeln meine Lippen.

Ja, so ist das wohl auf dem „Land“. Hier wird sich noch Zeit genommen für das Wesentliche: Seine Mitmenschen.

Bleckede-53

0 Gedanken zu „Stadt. Land. Shopping. – Hier lebe ich. Hier kaufe ich ein.“

  1. Bisschen viel Schwarzweißmalerei ist das, finde ich.
    Ich lebe in einer Kleinstadt. Da ist – je nach Tagesform – beides zu finden. Unpersönliches, unlustiges Bedientwerden aber auch äußerst zuvorkommende, sachkundige Verkaufsgespräche. Undf ich vermute mal, dass du im innerstädtischen Bereich deiner Großstadt ebenfalls beides finden könntest, genauso wie du im ländlichen Außenbereich wahrscheinlich auch nicht jeden Tag udn in jedem Geschäft ideale Verhältnisse antreffen wirst.

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  2. Jaaa, ich sehne mich zurück an mein Landleben: kauim Schlange stehen im Rathaus, KFZ-Ummeldungen gingen fix, das ich schon dachte das irgendwas nicht stimmen könnte. Man kannte sich einfach. Natürlich ist das Konsumangebot eingeschränkt gegenüber den Disountern- aber mal erhlich: braucht man diese Fülle im Alltag?
    Aus diesem Grunde schaue ich kritisch auf all die Ladenschließungen im ländlichen Raum, weil die mobile Mehrheit lieber 10km in die nächste Stadt zum Discounter fährt und dem Dorfladen damit die Kunden wegfahren.. Aber was machen all diejenigen, die kein Auto besitzen? Alte Menschen, die sich am AOK-Shopper festhalten müssen verzichten gern auf den Überlandbus.
    Seit einigen Jahren allerdings entwickeln manche Gemeinden tolle Konzepte: Einkaufsgenossenschaften. Dort betreiben dann die Genossenschaftler selbst den Laden, der meist noch von der Kommune günstig an sie vermietet wird. Sie machen sich selbst Gedanken über den Warenbestand, was wirklich gebraucht wird fragen sie bei den Kunden ab.Jeder beteiligt sich am Laden und schafft in Zeiten von globalem Wirtschaften kleine Inseln der Selbstverwaltung und Selbstbestimmung in Bezug auf Preise und Konsum. Natürlich können diese Genossenschaften mit den Preisen eines Discounters nicht mithalten und für manche Läden ist es ein Balnceakt zwischen Fix- /Variablen Kosten und dem Ertrag ein beruhigendes Gleichgewicht zu schaffen.Aber im Mittelpunkt steht die Frage: was ist es uns Wert in unserem Dorf zukünftig einkaufen zu können.

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  3. Also, bei uns gibt’s auch Zeitungsladen mit Post. Immer lustig, immer nett. Dann gibt’s noch die „richtige“ Post. Alle verbeamtet, miesepetrig, und irgendwie bääh unfreundlich.
    Ich möchte immer in die Ecke brechen, wenn was für mich in der zweiten Location ankommt.
    Nix Schwarzmalerei. Tatsachenbericht.

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